Samstag, 3. Juni 2017

Vordere Karlspitze

Eigentlich hätten wir uns heuer vorgenommen, mehr im Wilden Kaiser zu machen. Wenn wir schon so ein herrliches Felsmassiv fast direkt vor der Haustür haben, dann könnte man doch meinen, dass wir das auch nutzen. Wie so oft fährt man aber überall hin und die naheliegenden Ziele bleiben auf der Strecke. Lange Rede kurzer Sinn: Heute ging es für Melanie und mich in den Wilden Kaiser. Das herrliche Wetter konnten wir bereits auf dem Weg von der Wochenbrunneralm zum Ellmauer Tor genießen. Bis zum Ellmauer Tor gingen wir aber nicht, vorher bogen wir links ab. Über den Südostgrat wollten wir heute die Vordere Karlspitze erklimmen. Beim Einstieg lag noch ein wenig Schnee, da wurde mir im T-Shirt fast ein bisschen kühl. Zwei Meter vom Schnee entfernt in der Sonne fühlte es sich aber gleich wieder deutlich wärmer an. Der Einstieg war etwas brüchig und daher nicht so schön. Nach dem anschließenden grasigen Abschnitt wurde es aber deutlich besser. Oberhalb des grasigen Geländes waren sich die Topos nicht ganz einig und wir verkofferten uns ein wenig. Durch die falsch gewählte Linie und den damit verbundenen Moraleinbruch kam mir die kurze, relativ steile Verschneidung deutlich schwerer vor als sie war. Als wir wieder die richtige Linie fanden, fand ich auch meine Moral wieder und so ging es genussvoll in mittlerweile kompaktem Fels und netter Kraxelei aufwärts. Bald befanden wir uns in der markanten Rinne, die uns zum Matejak Kamin führte.
Dort trafen wir einen Solo-Kletterer, der uns knapp unterhalb der Schlüsselstelle vorbei ließ. Kurz versuchte ich mich in den Kamin zu quetschen, mit Rucksack ging es sich aber nicht wirklich aus und so lachte mich die Variante über den schönen Riss deutlich mehr an. Ein paar schöne Klettermeter später stand ich am Grat und auch Melanie war bald bei mir. Der Solo-Kletterer entschied sich für die Variante durch den Kamin. Wir bereuten unsere Linienwahl diesmal nicht, der Kollege arbeitete sich recht mühsam durch den engen Schlurf. Schlussendlich schaffte er es aber auch. Wir waren inzwischen schon einige Meter weiter am Grat. Gemütliches Gehgelände wechselte sich mit netten Felspassagen ab und bevor uns die letzten leichten Meter zum Gipfel hinauf führten, wartete noch eine schöne, kurz etwas ausgesetzte, Etappe auf uns. Am Gipfel genossen wir die herrliche Aussicht bei einer kurzen Jausenpause ehe wir uns an den Abstieg machten. Den zunächst blau und nach der Abzweigung vom Verbindungsgrat zwischen Vorderer und Hinterer Karlspitze rot markierten Abstiegsweg fanden wir problemlos. Die letzten Höhenmeter zum Ellmauer Tor vergnügten wir uns mit Schneerutschen, der lustigsten und vermutlich angenehmsten Abstiegsmöglichkeit im Sommer. Auch nach dem Ellmauer Tor konnten wir noch ein wenig im Schnee abfahren und weiter unten ging es über das Geröllfeld zackig abwärts. So standen wir bald wieder beim Auto und gönnten uns bei der Heimreise noch einen köstlichen Burger beim Burgerladen in Schwoich.
Der Südostgrat auf die Vordere Karlspitze ist zwar aufgrund seines etwas brüchig grasigen Beginns nicht zu unterschätzen, insgesamt aber schon ein sehr lohnender Anstieg. Wer die Schwierigkeiten gut beherrscht, dem würde ich im Schlüsselbereich bevor man auf den Grat kommt auf jeden Fall zu der schwereren Rissverschneidungsvariante, anstelle der Kaminvariante, raten.

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