Samstag, 17. Juni 2017

Kirchlexpress

Erstaunlich lang hat es gedauert, bis Melanie und ich es endlich geschafft haben, in einen der großen Kaiser Klassiker einzusteigen. Heute war es endlich so weit, und das bei 'fast' perfekten Bedingungen. Ein wenig genieselt hat es noch in der Früh und die Wolken hüllten die imposanten Felsspitzen um das Stripsenjoch in eine mystische Stimmung. Der überraschend kurze Zustieg von der Griesneralm zum Wildanger war bald geschafft. Beim Einstieg pfiff uns ein kalter Wind um die Ohren und die Wand war von den Regenfällen des Vortages doch nässer als gedacht. Unsere Tour schien aber einigermaßen trocken zu sein und so stiegen wir ein, mit allem bekleidet was wir dabei hatten. Der Fels war ein absoluter Traum, richtig kompakt und richtig griffig, da machten selbst die nassen Stellen Spaß und die Nässe störte kaum. Vor allem in der dritten Seillänge juchzte mein Kletterherz. Melanie war leider noch ziemlich kalt, aber auf dem anschließenden leichten Abschnitt bis zum Schneeloch erholte sie sich. Die folgende Verschneidung aus dem Spalt zwischen Altschnee und Wand heraus war leider ziemlich nass, löste sich aber trotzdem ganz gut auf. Ab dort stießen wir auf keine nassen Stellen mehr und auch der letzte kurze Nieselregen lag bereits hinter uns. Hin und wieder ließ sich mittlerweile sogar schon die Sonne blicken. Der folgende, etwas knackigere Abschnitt, bis die Linie auf den Heroldweg stößt, war wirklich wunderschön. Geniale Kletterei an unvorstellbar kreativ geformten, herrlich henkeligen Griffen und überraschend kompakten Strukturen. Auch wenn es nicht immer so aussah, fast alles war fest und die Absicherung war auch gut. Um, beim Zusammenlegen von Seillängen, zu viel Seilreibung zu vermeiden, ließ ich sogar den einen oder anderen Haken aus. Als wir auf den Heroldweg trafen, fiel mir ein, dass ich mir unbedingt die Piefke-Saga mal ansehen muss. Es wimmelte nur so von Kletterern und wir plötzlich mitten drinnen. Irgendwie schafften wir es an allen vorbei, doch durch das gewusel und die damit einhergehende Hektik entschieden wir uns dafür, auch über den Heroldweg zum Gipfel zu gehen. Wenig später standen wir am Gipfel des Totenkirchl - noch ganz alleine.
Durch unseren Schlusssprint hatten wir so viel Zeit auf den Massenansturm gut gemacht, dass wir in Ruhe und Einsamkeit unsere Gipfeljause genießen konnten. Zunächst lachte uns sogar die Sonne ein wenig an, bald kam aber wieder kalter Wind auf und so packten wir doch wieder zusammen. In der Zwischenzeit kamen zwei nette Kletterer aus Ulm zum Gipfel, die wir in der Wand schon öfter gesehen hatten. Sie waren die Tour 'Und ewig lockt das Weib' gegangen und so konnten wir uns immer wieder gegenseitig beim Klettern beobachten. Wir beschloßen gemeinsam über den Führerweg abzusteigen. Zu Viert und mit vier Halbseilen ließen sich die Abseilstrecken effizient und schnell meistern. Zumindest Melanie und ich sparten uns dadurch sicherlich ein wenig Zeit beim Abstieg zum Stripsenjoch. Ein paar Schritte weiter waren wir dann auch schon wieder beim Auto und bald zuhause.
Absolut empfehlenswert wird der Tour 'Kirchlexpress' bei weitem nicht gerecht. Eine dermaßen schöne, abwechslungsreiche, kompakte und gutgriffige Kletterei ist ein muss für jeden ambitionierten Alpin-Kletterer. Wir werden die Tour sicher wieder mal gehen, allein schon um den beeindruckend wirkenden Abschluss über den Dülfer-Kamin, den wir uns leider gespart haben, zu begutachten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen