Samstag, 10. März 2018

Watzmann

Einen ambitionierten Plan hatten Melanie und ich heute. Da war es mir eine Freude um halb 3 aufzustehen und in die berchtesgadener Ramsau zu fahren. Die Watzmann-Überschreitung um diese Jahreszeit ist nicht gerade ein Spaziergang. Dass es dabei viele Faktoren gibt, die unseren Plan zum Scheitern bringen konnten, war uns bewusst und hatten wir auch eingeplant. Da es heute eine ausgeprägte Tageserwärmung geben sollte, war die erste Konsequenz, dass wir zu Beginn über das Wimbachtal aufstiegen. Bis kurz vor dem Wimbachschloss war kaum Schnee auf der Forststraße und so kamen wir gut voran. Nach und nach dämmerte es und die wunderschöne Landschaft leuchtete mehr und mehr auf. Insbesondere das kleine Palfenhorn bot uns in der Morgenstimmung einen atemberaubenden Anblick. Die Nacht war leider weniger kalt als gehofft gewesen und so war die Schneedecke relativ weich. Da auf dem nächsten Abschnitt bis zur Wimbachgrieshütte aber eine relativ gut ausgetretene Spur vorhanden war, kamen wir trotzdem weiterhin gut voran. Die erste Hürde hatten wir schon mal überstanden und waren im Wimbachtal nicht im Schnee untergegangen. Ab der Hütte wurden die Spuren merkbar weniger ausgetreten und das Vorankommen wurde etwas mühsamer. Bald verließen wir die Spuren endgültig und wandten uns der markanten Südwestflanke der Watzmann-Südspitze zu. Damit wurde auch die Schnee-Stapferei mühsamer, damit hatten wir aber gerechnet. Großteils blieben die Knie über der Schneedecke, also kann man eigentlich sagen, dass wir ganz gute Schneebedingungen hatten. Nach einem markanten, von spitzen Felsnadeln umrahmten, Kar bogen wir nach links in eine aufsteilende Rinne ein, an dessen Ende uns eine Gams beobachtete. Als sie immer noch oben stand wo ich nur mehr wenige Meter von ihr entfernt war, machte ich mir schon fast Sorgen ob sie mich gleich wieder die Rinne hinunterstupsen würde. Im nächsten Moment entschied sie sich aber doch dazu, weiter zu ziehen. Bei uns folgte nun ein kurzer flacherer Abschnitt ehe die nächste Steilrinne auf uns wartete. Oberhalb dieser Steilstufe machten wir eine kurze Müsliriegelpause. Das Stapfen ließ mich doch schneller als gedacht müde werden und meine Kondition war scheinbar doch nicht so gut wie gehofft. Da war ich froh als Melanie das Spuren übernahm. Die Flanke, die wir im Anschluss querten, war etwas steiler und schneemäßig bedenklicher als ich gehofft hatte. Im Grunde war die Schneedecke aber doch recht brauchbar verbunden. Nach der Querung wurde es zunehmend steiler bis wir in einer felsdurchsetzten Steilflanke landeten, in der wir auf ein Stück vom Klettersteig trafen. Auch wenn die Bedingungen ganz gut waren, so war es doch ein anstrengendens Vorankommen. Scheinbar etwas zu anstrengend für mich denn ich hatte einen rapiden Leistungseinbruch. Solange es im Schnee noch gut zu stapfen ging, gingen wir noch weiter hinauf. Doch wenige Meter unterhalb des Gipfels, kurz vor einer etwas unangenehmen felsig-schneeigen Stelle, beschlossen wir umzukehren. Wir tranken noch etwas Suppe und genossen den Blick auf den Königssee während der Gipfel sich immer mehr in Wolken hüllte.
Höchst konzentriert traten wir den Abstieg an. Aufgrund meiner Erschöpfung war ich besonders bedacht darauf, sicher hinunter zu kommen. Dadurch waren wir natürlich ziemlich langsam. Das war aber nicht weiter tragisch, da sich die Sonne mittlerweile hinter einer dicken Wolkendecke versteckte und die Tageserwärmung weit weniger problematisch war als prognostiziert. Bei der kurzen stahlseilversicherten Stelle seilte ich Melanie ab und ließ ein Schlückchen Suppe zurück. Melanie nahm mich von unten in die Sicherung, das schien mir zu dem Zeitpunkt irgendwie doch angebracht. Als wir die felsdurchsetzte Flanke verließen und wieder in einfacheres Gelände kamen, legte ich immer wieder kurze Pausen ein um meinen Magen mit Suppe zu beruhigen und Melanie nahm mir immer mehr Gewicht aus meinem Rucksack ab. So schafften wir es, dass ich mich langsam wieder fing. Je tiefer wir kamen, desto mehr war die Tageserwärmung der Schneedecke zu spüren. Die letzte Steilrinne, bevor wir wieder in flaches Gelände kamen, war erfreulicherweise bereits ausgespült. Damit überwanden wir auch diesen abschließenden kritischen Abschnitt ohne Probleme. Im Talboden angekommen war die Schneedecke deutlich weicher als in der Früh und somit das Vorankommen merkbar mühsamer. Motiviert legte Melanie für mich eine gute Spur in den teils hinterlistigen Schnee und so kamen wir bald bei der Wimbachgrieshütte an. Dort gönnten wir uns auf der herrlichen Sonnenbank eine etwas längere Pause, nur leider ohne Sonne. Ich versuchte es mit etwas Brot zu den letzten Suppenresten, was meinem Magen erfreulicherweise gut bekam. Der weitere Weg zum Wimbachschloss gestaltete sich etwas mühsam, einerseits weil wir im Schnee immer wieder einbrachen und andererseits weil es uns viel länger vorkam als in der Früh. Dort angekommen setzten wir uns abermals auf die einladende Sonnenterrasse. Diesmal war es aber schon finster, also eigentlich war es eher eine Mondterrasse. Nach einer kurzen Trink- und Müsliriegelpause war der letzte Abschnitt zurück zum Auto nur noch ein gemütlicher Spaziergang. Beim Auto angekommen war mein Magen wieder fit und ich konnte mit herzhaftem Appetit die restliche Jause und unsere Essensvorräte, die wir im Auto gelassen hatten, verschlingen.
Tja, zusammengefasst waren somit meine mangelnde Kondition und schlechte Einteilung, in Kombination mit dem kraftraubenden Schlussabschnitt zur Südspitze, die drei Faktoren die unseren Plan zum Scheitern brachten. Aber auch ein gescheiterter Plan kann zu einer gelungenen Tour werden, schließlich hatten wir einen unvergesslichen Tag in abgschiedener Zweisamkeit und wunderschöner Natur verbringen dürfen. Auch mein Einbruch schweißte uns im Grunde nur noch mehr zusammen und festigte unsere Bergkameradschaft. Damit gehört diese Tour ganz klar zur Kategorie 'gelungenes Scheitern'.

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