Freitag, 16. August 2019

Großvenediger

So schnell kann es hier heroben gehen und schon summt man im August Weihnachtslieder. Während Melanie und ich versuchten im Keeskogellager von der Kürsingerhütte etwas Schlaf zu bekommen, hatte sich Frau Holle draußen ausgetobt. Leise rieselte der Schnee auch noch als wir die Hütte verließen. Die Hoffnung, dass es nur wenig geschneit hatte und der Großvenediger Nordgrat halbwegs schneefrei geblieben wäre, wurde mit zunehmender Höhe immer weniger. Als wir am Gletscher in ungefähr 20-30 cm Neuschnee stapften, blieb uns nur mehr die Hoffnung, dass der Schnee am Grat nicht wirklich stören würde. Zumindest ein Bild der Lage des eingeschneiten Grates wollten wir uns machen und deshalb spurten wir im diffusen Licht zum Einstieg. Dank ein paar Tipps eines Bergführers, der eine Gruppe am Normalweg hinauf führte, trafen wir den Zustieg überraschend gut. Als der Grat dann richtig anfing wurde es schnell klar, dass wir diesen Bedingungen nicht gewachsen waren. Wir hätten viel zu lange gebraucht und von Genuß wäre sowieso keine Rede gewesen. Also kehrten wir um und reihten uns in den Normalwegs-Trampelpfad ein. Nun waren wir ganz am Ende des Gipfelaspiranten-Ansturms und die meisten kamen uns schon wieder entgegen. Immerhin hatten wir mit dem Wetter Glück, es wurde zunehmend freundlicher. Nach dem gefühlt ewigen Gletscherhatsch zum Gipfel lachte uns sogar die Sonne an.
Immer mehr lichteten sich die Wolken, was uns den einen oder anderen herrlichen Ausblick bescherte. Da ließ es sich bei einer gemütlichen Jausenpause am menschenleeren Gipfel gut aushalten. Unsere Gipfelrumpflaumen durften auch nicht fehlen. Heute waren wir ja auf einem tatsächlichen Gipfel im Vergleich zum als Gipfel definierten Umkehrpunkt von gestern - da schmeckte der Gipfelschnaps im Pflaumenmantel gleich noch mal besser. Überraschender Weise waren wir nicht die letzten am Gipfel. Als wir die Einsamkeit am Gipfel genug ausgekostet hatten und uns wieder an den Abstieg machten, kam uns eine letzte Seilschaft entgegen. Hinab war der Schneematsch schon ziemlich tief und so zog sich der Abstieg zurück zur Kürsingerhütte. Wirklich lange dauerte es aber nicht und wir kamen locker rechtzeitig zum Abendessen.
Auf dem Normalweg von der Kürsingerhütte zum Großvenediger ist ganz schön viel los. Wenn man nicht übermotiviert früh startet muss man da vermutlich kaum spuren. Allzu störend sind die Menschenmassen aber nicht. Am Gletscher und am Gipfel ist genug Platz, sodass es keine Probleme mit Stauzonen gibt. Unterschätzen darf man die Tour aber nicht. Insbesondere um die Venedigerscharte sind mächtige Gletscherspalten zu finden, unter anderem auch die gefürchteten, fast ganz verdeckten A-Spalten. Eine Seilschaft ist uns sogar entgegen gekommen, die einen Spaltensturz ins Leere heute erlebt und einigermaßen heil überstanden hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen