Samstag, 24. Juni 2017

Schönheitsfleck

Den zweiten Tag von Hans und meinem Granitwochenende verbrachten wir im Stilluptal. Bis zum Speichersee kamen wir noch mit dem Auto, dann hieß es ab auf die Räder und wir strampelten das malerische Tal hinauf. Atemberaubende Wasserfälle stürzten zu beiden Seiten talwerts und das saftige grün der Wiesen leuchtete im Sonnenschein. Bei der Talstation der Materialseilbahn zur Kassler Hütte deponierten wir die Fahrräder und es ging zu Fuß weiter, abermals begleitet von traumhafter Aussicht und tosenden Bächen. Von der Kassler Hütte folgten wir zunächst dem Sonntagskar-Panoramaweg, ehe wir weglos über Granitblöcke zur Nordseite der Eurerköpfe aufstiegen. Der Einstieg war mit Hilfe des Wandfotos schnell gefunden und der Schnee unterhalb der Wand machte auch keine Probleme. Hans übernahm die Verschneidungsseillänge zu Beginn und fand einige brauchbare Placements. Im Anschluss wartete die einzige knackige Seillänge auf mich. Über einen kleinen Überhang ging es auf eine steile Platte. Zuletzt kam noch eine spannende Sequenz zum Stand, der auf einem wunderschönen Felspodest platziert war. Über die drei Bohrhaken in dieser Seillänge war ich doch recht froh, allzu viele Placements wären mir nämlich nicht aufgefallen. Auch in der nächsten Seillänge fand ich nicht viel, bis auf die beiden Normalhaken und einen Keil brachte ich keine Sicherungen an. Es störte aber nicht wirklich, da die Verschneidungskletterei sehr schön und nicht allzu schwer war. Die anschließende, sehr leichte Seillänge hängte ich noch dran, da es sich laut Topo mit unseren 60 Meter Seilen ausgehen hätte sollen. Zumindest dachte ich mir immer, dass 40 Meter und 20 Meter insgesamt 60 Meter ergeben. Es waren dann aber doch 65 Meter und so musste Hans die ersten paar Meter simultan nachsteigen. Der obere Teil der Tour war deutlich leichter und wir machten genussvoll Klettermeter. In der vorletzten Seillänge ließ ich mich von dem nicht ganz optimal gezeichneten Topo zu weit nach rechts verleiten. Eigentlich wäre es in fast direkter Linie in die markante Verschneidung über uns gegangen. Durch den im Topo falsch eingezeichneten, weiten Rechtsbogen hatte ich ein wenig mit der Seilreibung zu kämpfen. Zu guter Letzt übersah ich auch noch den letzten Zwischenstand und ging gleich zum Grat hinauf. Dort suchte ich mir ein schönes Köpfl und holte Hans nach. Wärend er zu mir herauf kam entdeckte ich den Abseilstand in etwa 10 Meter links von mir.
Wir gönnten uns eine kurze Müsliriegel-Pause ehe wir uns wieder abseilten. Heute achteten wir ein wenig besser darauf, dass sich der Knoten nirgends verkeilte und machten den einen oder anderen Abseilstand mehr als vielleicht nötig. So kamen wir jedenfalls problemlos zurück zum Einstieg und zu unserem Rucksackdepot, wo wir unsere leckeren Jausenbrote verspeisten. Beim Abstieg gönnten wir uns noch einen Apfelstrudel bei der Kassler Hütte. Gut gestärkt kamen wir bei den Fahrrädern an und das war kein Schaden, mein Hinterreifen war nämlich platt. Ersatzreifen und Flickzeug hatte ich zwar mit, aber ohne Pumpe hilft das nicht viel. Also hieß es Rad schultern und zu Fuß absteigen. Bei der Grüne-Wand-Hütte trafen wir auf besser ausgerüstete Mountainbiker bei denen wir uns eine Pumpe ausleihen konnten. Der Mantel ging recht schwer wieder hinauf und so schafften wir es, den Ersatzschlauch einzuklemmen und ein Loch hinein zu machen. Also war noch eine runde Flicken angesagt, aber immerhin hatte ich danach wieder zwei funktionsfähige Schläuche. Das letzte Stück bis zum Auto verging dann, im Vergleich zu der Radtragepassage, wie im Flug.
Die Tour 'Schönheitsfleck' ist insbesondere landschaftlich ein absolutes Highlight. Klettertechnisch ist vor allem der untere Abschnitt sehr schön und kurzzeitig auch etwas anspruchsvoller. Insgesamt ist es auf jeden Fall eine wirklich lohnende Unternehmung und sehr interdisziplinär durch das Radfahren zu Beginn.

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