Zum Eingehen, Akklimatisieren und als finaler Material-Check vor unserem gemeinsamen Urlaub, stand dieses Wochenende bei Hans und mir eine längere Tour in der Glocknergruppe am Plan. Bei fortgeschrittener Dämmerung starteten wir gestern vom Enzingerboden in Richtung Rudolfshütte. Das Tempo wurde eher moderat gewählt, wissend, dass wir noch einen langen Tag vor uns hatten. Dennoch kamen wir lange vor der ersten Bahn bei dem riesigen Berghotel an. Das frühe Aufstehen hatte sich also doch ausgezahlt. Nach Nutzung der Sanitäranlagen ging es weiter zur Tauernscharte. Von dort versuchten wir dem Wanderweg zum Medelzkopf zu folgen, wurden aber zwei Mal von beeindruckenden Steinmandl-Riesen in die Irre geleitet. Knapp unterhalb des Medelzkopfes bogen wir zur Medelzscharte ab. Vor uns erhob sich der lange und imposante Kastengrat, unsere heutige Tagesetappe. Der Wegbeschreibung des AV-Führers Glocknergruppe folgend, stiegen wir dem Grat entlang aufwärts und wichen gelegentlich leicht rechts aus. Weiter oben sollte ein Turm rechts umgangen werden, ehe der Kastenturm erstiegen werden sollte. Irgendwie querten wir zu weit und kamen erst nach dem Kastenturm wieder zum Grat. Auch egal, weiter ging es über ein Schotterfeld zurück zum Grat. In schöner Gratkletterei ging es aufwärts bis es plötzlich deutlich anspruchsvoller wurde. Dort seilten wir uns an. Besonders gemütlich war das Plätzchen nicht und ärgerlicher Weise glitt mir ein Friend aus den Fingern. Er blieb erst einige hundert Höhenmeter tiefer liegen und wird wohl für immer dort ruhen. Nach ein wenig Sucherei nach der weiteren Linie mussten wir uns eingestehen, dass die AV-Führer Wegbeschreibung aufgrund des nicht vorhandenen Schnees an dieser Stelle wenig Nutzen hatte. Also versuchten wir unser Glück direkt am Grat. Bald lockte uns jedoch ein Band nach links. Über einen kurzen, kompakten Überhang erreichten wir ein weiteres Band von dem aus wir durch eine nette Verschneidung zurück zum Grat kamen. Diesem folgten wir dann bis zum Gipfelaufbau des Hohen Kasten, den wir über eine Rechtsschleife bestiegen. Nach dieser Aufwärmphase folgte nun der anspruchsvollste und imposanteste Abschnitt. In herrlicher Gratkletterei ging es immer direkt am Grat bleibend über die vier Türme der Kastenwand. Nach dieser herrlichen, kompakten Kletterei folgte ein großer Dämpfer. Beim Übergang vom vierten Turm der Kastenwand zur Ödenwinkelwand fanden wir anstatt einer Firnschneide eine grauenhaft brüchige Scharte mit anschließendem, nicht viel weniger brüchigem Steilaufschwung. Auf der Suche nach der am wenigsten brüchigen Linie leitete mich der Berg über eine Rechtsschleife nach links in eine Scharte, wo ich einen halbwegs vertrauenswürdigen Block fand, an dem ich Hans nachholte. Von dort ging es kurz nach links ehe mich eine seichte, nicht mehr ganz so brüchige Verschneidung zum kompakten Grat zurückführte. Wieder zurück im festen Fels machte es gleich wieder deutlich mehr Spaß. Auf den letzten Metern zum Gipfel der Ödenwinkelwand passte die Beschreibung des AV-Führers endlich mal perfekt. Dem Grat entlang einmal kurz über rechts ausweichend und etwas weiter oben links einem versteckten Riss folgend oberhalb eines Überhanges nach rechts und noch ein Stückchen weiter empor zu einem Normalhaken. Die restlichen Meter zum Gipfel waren schnell geschafft und so ließen wir, gerade rechtzeitig bevor es zu nieseln begann, die Schwierigkeiten hinter uns. Wir suchten uns einen einladenden Felsvorsprung und bastelten uns einen gemütlichen Unterschlupf, wo wir uns die erste Packung Nudeln einverleibten.
Gestärkt und ausgeruht brachen wir im Trockenen wieder auf. Beim Eiskögele rechts vorbei über seine eisige Südflanke standen wir bald vor dem Schneewinkelkogel. Eigentlich hätte ich mir gedacht, dass man über diesen einfach drüberspaziert. Der steile Gratturm zu Beginn war mit diesem Plan jedoch nicht einverstanden. Also umgingen wir den Schneewinkelkogel in einem weiten Linksbogen. Hinab ging es über nasse Reibungsplatten und hinauf über eine ansteilende Eisflanke. Nun waren wir uns aber endgültig einig, dass es heute genug Höhenmeter waren und wir suchten die nächste Mögichkeit zum Bivakieren. In der Schneewinkelscharte wurden wir fündig. Hans baute gerade rechtzeitig unseren Wetterschutz aus Bivaksäcken auf, ehe es wieder zu Regnen begann. Eigentlich hätte die Nacht trocken bleiben sollen, davon konnten wir uns aber in dem Moment nichts kaufen. Also wurde noch schnell gekocht und gegessen, ehe wir uns in die Schlafsäcke kuschelten. Ganz eben war unser Plätzchen leider nicht, weshalb ich die ganze Nacht damit beschäftigt war, gegen das Abrutschen von meiner Isomatte anzukämpfen. Dabei rutschten die Füße leider in den Regen und meine Socken wurden nass. Mit meinem neuen Schlafsack bin ich aber höchst zufrieden, trotz der unfreundlichen Bedingungen blieb es immer angenehm warm. Hans erwischte es noch schlechter, er schlitzte sich seine Matte auf dem unebenen Boden auf und hatte somit ein steiniges Bett. Aber auch ihm wurde nicht kalt, also unsere Schlafsack-Investition hatte sich voll und ganz bezahlt gemacht. Später in der Nacht hörte es auf zu Regnen und die Sterne ließen sich blicken. Da war ein bisschen Sterne-Schauen eine willkommene Abwechslung wenn ich gerade nicht schlafen konnte. Als die Dämmerung einsetzte war ich dann doch froh, dass die Nacht ein Ende nahm und zum Sonnenaufgang-Bewundern setzten wir uns in unseren Schlafsäcken auf. Bei so einem Schauspiel war die unbequeme Nacht schnell vergessen. Nach einem köstlichen Frühstück und einem warmen Tee brachen wir wieder auf. Unsere erste Tagesetappe war die Überschreitung der Romariswand. In stellenweise netter Gratkletterei ging es auf und ab bis wir am Schneegrat Richtung Teufelskamp abstiegen. Den Teufelskamp selbst umgingen wir rechts über den Furschnitzkees und kamen erst wieder beim Teufelskampsattel auf den Grat. Dort waren schon ein paar Bergsteiger, die Richtung Hoffmannspitze unterwegs waren. Eigentlich wäre heute die Überschreitung der Glocknerwand geplant gewesen. Der nächtliche Eisregen und Schneefall hatte aber seine Spuren hinterlassen und die Bergsteiger vor uns vermittelten den Eindruck, als ob der Aufstieg zur Hoffmannspitze nicht besonders angenehm wäre. Zusammen mit dem kalten Wind, der in der Scharte pfiff, entschieden wir uns dazu, nicht einzusteigen. Da wir aber irgendwie zur Großglockner-Hochalpenstraße gelangen mussten, war die Alternative auch keine Lapalie. Über das landschaftlich wunderschöne, zerklüftete Teischnitzkees ging es zur Stüdlhütte und über einen steilen, schottrigen Gegenanstieg zur Pfortscharte weiter zur Salmhütte. Von dort führte uns eine scheinbar nicht enden wollende Querpassage und ein flotter Schlussabstieg zum Margarizenstausee. Auf der letzten Etappe machten mir meine, noch von der Nacht aufgeweichten, Fußsohlen ziemlich zu schaffen und ich war heil froh, dass Hans bereits eine Mitfahrgelegenheit für uns organisiert hatte. Ein Bergführer, der uns im Abstieg überholt hatte, nahm uns mit und setzte uns bei unserem Zweitauto in Bruck ab. Die Fahrt zurück zu unserem anderen Auto beim Enzingerboden war schlussendlich auch bald geschafft und so trennten sich unsere Wege wieder nach einem intensiven gemeinsamen Wochenende. Eingehen, Akklimatisiern und Material-Check; alles sehr erfolgreich. Jetz heißt es nur noch regenerieren bis es nächste Woche los geht.
Allgemein ist der Kastengrat wirklich beeindruckend und wunderschön. Die Tour führt durch fast ausschließlich festen Fels und verläuft in herrlichem Ambiente. Auch kann man dort ziemlich sicher wunderbare Einsamkeit genießen. Weiterempfehlen würde ich eine Begehung, zumindest um diese Jahreszeit, aber trotzdem nicht. Das Wörtchen 'fast' macht es aus; die wenigen brüchigen Meter der Tour sind wirklich unangenehm und gefährlich. Die restliche Runde, die wir uns um den Kastengrat gestrickt haben ist auch sehr schön und abwechslungsreich. Nachdem man den riesigen Hotelkomplex der Rudolfshütte hinter sich gelassn hat, folgt ein wunderschön einsamer Abschnitt und je näher man zum Großglockner kommt, desto mehr ist wieder los.
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