Dienstag, 4. August 2015

Alle Zeit im Zenit

Die letzte Nacht war trocken und für den heutigen Tag war Sonne Sonne Sonne prognostiziert. Grund genug für Ulrich und mich die Tour 'Alle Zeit im Zenit' noch mal zu probieren. Unsere Vermutung, dass es trockener als beim letzten Mal sein würde, bewahrheitete sich zwar, ein paar nasse Streifen waren dennoch bereits von unten zu erkennen. Diesmal ließen wir uns aber nicht abschrecken und so startete ich in die erste Seillänge. Kurze Abschnitte waren etwas brüchig und in Kombination mit der Feuchtigkeit und der sparsamen Absicherung forderte der Start bereits höchste Konzentration. Leider folgte ich einem Band zu früh nach rechts und benötigte einige Zeit um den Stand zu finden. In der nächsten Seillänge querte die Linie einmal direkt durch einen nassen Streifen, was aber dank der Rauigkeit des Felsens nicht so dramatisch war. Nach den ersten beiden Aufwärm-Seillängen steilte das Gelände mächtig an und wir waren im ersten harten Abschnitt angekommen. Es ging über einen kräftigen Bauch und einen gebogenen Riss hinüber zu einer schönen Piazschuppe. Nach der Schuppe wurde es schwerer und leider auch nasser, weshalb ich einige Anläufe benötigte bis ich die Stelle überwand. Das Topo hatte ich anschließend leider nicht genau genug studiert. Sonst hätte ich gewusst, dass an einem einzelnen Bohrhaken der Stand gewesen wäre und es dann nach links gegangen wäre. Für mich sah die Linie gerade hinauf über schöne Risse aber dermaßen einladend aus, dass ich voller Motivation den Stand überging. Zwei Friends und ungefähr 8m höher bemerkte ich dann, dass ich falsch war. Ulrich ließ mich zum Stand ab und nachdem er die nächste Seillänge vorgestiegen war, kletterte ich meine schönen Risse wieder hinauf, sammelte beim abklettern die beiden Friends ein und stieg dann die schöne vierte Seillänge nach. Die nächste Seillänge war auch super und den anschließenden leichten Abschnitt ist Ulrich gleich in einem Aufschwung hinübergegangen. Die folgende, schwerere Seillänge war unten leider wieder ein wenig nass. Das hat aber glücklicher Weise nicht wirklich gestört und so ging es zunächst noch genussvoll den schönen Piazriss hinauf. Auf den letzten Metern verlangte mir der Piaz noch mal alles ab und ich flog einige Male ins Seil, bis ich den richtigen Reibungstritt gefunden hatte, um die knifflige Sequenz zu lösen. Ulrich war zu dem Zeitpunkt schon ein wenig erledigt und gab daher seine restlichen Vorstiege an mich ab. Die anschließende Platte über dem Bauch hätte sich vermutlich über rechts ganz gut gelöst, ich habe die Stelle aber nicht wirklich genau betrachtet, sondern kurzerhand genullt. Genussvoll ging es in der anschließenden Seillänge über großteils gut absicherbare Platten und Risse aufwärts. In der darauffolgenden, elften Seillänge nahm ich zum Bauch kurz vor dem nächsten Stand einen größeren Runnout in Kauf und bescherte Ulrich einen kurzen Herzstillstand. Über dem Bauch waren relativ brauchbare Griffe, jedoch - wie eben üblich bei einem Bauch - fehlten die Tritte. Nach kurzem Überlegen und Suchen fand ich einen brauchbaren Tritt auf Brusthöhe. Da ich meinen Fuß nicht so weit hinauf stellen wollte (und vermutlich auch nicht gekonnt hätte, ohne den Halt mit dem anderen Fuß zu verlieren), entschied ich mich den Tritt anzuspringen. Wie ich später erfuhr, rutschte genau in dem Moment Ulrichs Herz in die Hose. Ich bekam davon jedenfalls nichts mit und befand mich kurze Zeit später im letzten Stand.
Die abschließende Seillänge fand ich sehr schön und überraschend gut abgesichert. Auch die Schwierigkeiten hielten sich für mich in Grenzen. Jedoch muss ich zugeben, dass ich den guten Griff in der Schlüsselstelle leicht von unten erreichte. Ulrich war dafür etwas zu klein und so war für ihn diese Einzelstelle deutlich knackiger. Den Abstieg über den Peternpfad gingen wir so rasch wie möglich an, da ich schon seit längerem dringenst aufs Klo musste. Bei der Haindlkarhütte war die Erleichterung groß und danach traute ich mich endlich mal wieder einen Riegel zu essen und einen Schluck Wasser zu nehmen. Leicht wie eine Feder schwebte ich den restlichen Abstieg zum Auto hinunter.
Die Tour ist absolut genial mit herrlicher Kletterei und toller Linienführung. Die schweren Stellen sind sehr gut abgesichert, im leichteren Gelände muss man aber mit etwas weiteren Runnouts rechnen und sollte mit mobilen Sicherungsmitteln umgehen können. Vom Gesamtanspruch ist sie recht fordernd und die Schwierigkeitsangaben sind dem Gesäuse würdig.

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