Samstag, 19. Mai 2018

Wirtskante

Zwischen gestern Nachmittag und heute Nachmittag sollte es zumindest trocken sein. Ob das für eine schöne Mehrseillänge im Wilden Kaiser reicht wollten Melanie und ich heute herausfinden. Ins Kübelkar zog es uns und wir hatten eigentlich die Tour 'ABS' geplant. Nach dem relativ kurzen Zustieg war ich etwas überrascht, dass doch noch mehr Schnee als gedacht unterhalb der Wände lag. Die Sonne kam auch erst schön langsam ins Kar herein und die Wände wirkten teilweise noch ziemlich nass. Da stand eine Lagebesprechung beim Rucksackdepot an. Nach Studium aller mitgeführten Topos und abgleich mit den Wänden stand der Schlachtplan. Am trockensten und einladensten wirkte die 'Wirtskante'. Nun hatte die Fröstelei beim Topostudium ein Ende. Nicht nur weil wir wieder Fahrt aufnahmen, sondern insbesondere auch weil wir so lange gebraucht hatten, dass der Einstieg mittlerweile in der Sonne war. Das erste Drittel der ersten Seillänge lag noch unter Schnee. Der Quereinstieg in die Tour ging aber dennoch sehr unproblematisch. An der Pfeilerkante ging es in netter Kletterei zum ersten Stand. Die anschließende Plattenstelle war leider mit zwei nassen Streifen garniert. Glücklicher Weise waren die wichtigen Tritte aber trocken und die nassen Griffe störten nicht allzu sehr. Es folgten weitere schöne Klettermeter an der Pfeilerkante ehe eine kurze Geh-Seillänge uns zum nächsten Pfeiler führte. Für die Schlüsselstelle der nächsten Seillänge benötigte ich drei Anläufe, irgendwie wollte ich mich die ersten beiden Male nicht so recht in den schmierig-feuchten Seitaufleger hineinlehnen. Im Endeffekt löste es sich aber genau so wunderbar auf und auch der Rest der Seillänge - mal wieder eine schöne Pfeilerkante - lief problemlos. Nach diesem sehr kantigem Abschnitt, der dem Namen der Tour alle Ehre machte, folgte nun eine Kamin- und Verschneidungs-Seillänge. Auch der Abschluss war nicht allzu kantig, es ging nur vom Stand weg einmal um die Kante in eine herrliche Platte. Hier erwartete uns eindeutig das Highlight der Tour - abwechslungsreiche Plattengaudi vom Feinsten.
Das erste Mal abseilen in der neuen Klettersaison lief etwas langsam an. So ganz war der Ablauf noch nicht optimiert und so ließen wir etwas Zeit liegen. Bis wir zurück am Schneefeld waren klappte es aber schon wieder ziemlich perfekt. Der Wettergott war uns auch wohlgesonnen, beim Abdirndln durften wir uns sogar noch an Sonnenschein erfreuen und beim Abstieg blieben wir trocken.
Die Tour 'Wirtskante' hat tatsächlich viele schöne Klettermeter an Kanten zu bieten, die schönste Seillänge ist aber meiner Meinung nach die Plattengaudi zum Abschluss. Die Nässe hat nur wenig gestört und die Absicherung war recht dicht. Nur gelegentlich hätte der Haken für mich vielleicht ein paar Zentimeter tiefer sitzen können, da ich ihn von einer gemütlichen Klinkposition gerade nicht erreichen konnte. Meistens hatte ich dann aber irgendwo einen Henkel übersehen - Beispielsweise auf der anderen Seite der Kante ;-)

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